Baudenkmäler sind architektonische Schätze, die behutsam gehoben werden müssen. Sanierung ist das Zauberwort, das aus maroden Gebäuden moderne, nutzungsfähige Anlagen macht, die Vergangenheit atmen, der Gegenwart einen Nutzen bieten, und die bereit sind, als gute Beispiele in eine nachhaltige Zukunft voranzugehen.
Rund 660.000 Baudenkmäler gibt es in Deutschland, historische Bauten ebenso wie Gebäude, die wegen anderer Aspekte als denkmalwert eingestuft sind. Doch ein Drittel der Bauwerke sind laut Umweltbundesamt dringend sanierungsbedürftig oder sogar bereits gefährdet. In einer Zeit steigender Knappheit von Ressourcen und Wohnraum gilt es umso mehr, gerade auch die denkmalgeschützten Bauten betriebsfähig zu halten: historische Fachwerk-Innenstädte, prachtvolle Justizgebäude oder denkmalwerte Zweckbauten der Moderne sind nicht nur dekorativer Selbstzweck – sie sind Wohnhäuser, Gemeindeimmobilien und notwendiger Teil lebendiger Infrastruktur.
Angemessene Nutzung fördert den Erhalt der Bausubstanz. Sie ist jedoch nur möglich, wenn das denkmalwerte Objekt über entsprechende Standards verfügt. Heizung, Lüftung, Arbeits- und Brandschutz – auch Baudenkmäler stehen nicht über dem Gesetz; zumindest nicht allzu weit. Ein Ziel der Sanierung im Baudenkmal ist daher immer das Schaffen höchstmöglicher Qualitätsniveaus bei gleichzeitig geringstmöglichem Eingriff in die denkmalwerte Substanz. Wir haben fünf Beispiele aus der jüngeren Zeit herausgesucht, bei denen dieser Drahtseilakt gut gelungen ist.
Um das Jahr 1000 begonnen, wurde der Bau der imposanten Doppelburg über die Jahrhunderte immer weiter betrieben: sie wurde erweitert, und den Schäden durch Angriffe und dem Zahn der Zeit über viele Generationen hinweg hartnäckig entgegengewirkt. Die Sanierung des historischen Wahrzeichens war deshalb besonders anspruchsvoll, weil die Platzverhältnisse in den alten Gemäuern zum Teil extrem beengt sind; die notwendige neue Technische Gebäudeausrüstung hier einzubringen, ohne die Denkmalsubstanz zu zerstören, glich einer Meisterleistung.
Gelöst wurde diese Herausforderung nicht nur durch penible und durchdachte Dimensionierung der Versorgungsleitungen, sondern auch durch die Entscheidung für Gasbrennwertanlagen und eine raffinierte Nutzung des Regenwassers mittels Zisternen.
4.600 Quadratmeter Nutzfläche in 140 Zimmern bietet das monumentale Baudenkmal mit der charakteristischen Sandsteinfassade im Herzen Braunschweigs. Die inneren Anlagen warteten mit wunderschönen Fliesen und repräsentativen Verhandlungsräumen auf, entsprachen jedoch schon lange nicht mehr den modernen Ansprüchen, die an die zeitgemäße TGA eines Gerichtsgebäudes zu stellen sind.
Neben den umfangreichen Sanierungsarbeiten – an denen 45 Gewerke teils parallel beteiligt waren – bestand die Herausforderung hier in baulichen Maßnahmen wie der Installation einer Sicherheitsschleuse im Eingangsbereich oder dem Bau einer Gefängniszelle. Diese hochmodernen Gebäudeteile zu integrieren, ohne dabei den historischen Charakter des Justizzentrums zu beeinträchtigen, konnte nur durch detailiierte Planung und akkurate Umsetzung gelingen.
Im 17. Jahrhundert als Palais für die spätere Königin Sophie-Charlotte begonnen, wurde der Bau des Schlosses über die Jahrhunderte immer weiter fortgeführt. In die Reihe der Architekten gesellen sich klangvolle Namen wie von Knobelsdorff, Eosander und Schinkel. Doch die energetische Effizienz des denkmalgeschützten Prachtbaus konnte mit dessen überragender Ästhetik lange nicht mithalten. Ab 2010 wurden daher im laufenden Betrieb und quasi „unsichtbar“ die Außenhülle sowie die TGA erneuert und auf einen zeitgemäßen Stand gebracht.
Die Heizungsanlage inklusive der Steuerung sowie die Gebäudeleittechnik, die Lüftungsanlage und auch die Elektroanlage wurden saniert und neu strukturiert. Behutsam wurden Maßnahmen zur Erfüllung der Auflagen von Brandschutz und Barrierefreiheit umgesetzt. Nach zehn Jahren ausdauernder und sorgfältiger Maßarbeit war die Sanierung abgeschlossen – nahezu unbemerkt von den jährlich 300.000 Besuchern des einzigartigen Baudenkmals.
Die Kunsthalle Rostock von 1968/69 war der einzige Museumsneubau der DDR und wurde, wie damals üblich, unter Verwendung von Asbest erbaut. Dies und die strengen Auflagen des Denkmalschutzes machten die Sanierung des Museums, das heute 8.000 grafische Blätter, 620 Gemälde und 230 Skulpturen beherbergt, zu einer diffizilen Angelegenheit. Der obere Teil der Fassade besteht aus 1.200 Betonreliefplatten, die komplett abgenommen und aufgearbeitet, bzw. ersetzt werden mussten.
Mit äußerstem Fingerspitzengefühl und unter gutwilliger Zusammenarbeit von Architekten, Bauherren und der Denkmalbehörde gelang es, den hellen, offenen Charakter des Hauses ebenso zu erhalten wie dessen kennzeichnende Merkmale, das Sichtklinkermauerwerk im Inneren, die Oberlichtdecken und die Eichenmosaik-Böden. Erneuert wurden zudem Teile der TGA, und auch die Barrierefreiheit des gut besuchten Baudenkmals konnte hergestellt werden.
Dreißig Gigawattstunden benötigt das geschichtsträchtige Olympia-Areal jährlich – so viel wie 8.500 Privathaushalte, und genug, um mit einem durchschnittlichen E-Auto 200 Millionen Kilometer weit zu fahren, also gut 500 Mal zum Mond und zurück. Bei einem Energiebedarf in diesen Dimensionen zählt jede Einsparmöglichkeit. Um Klimafreundlichkeit und Versorgungssicherheit herzustellen, wurde daher ab 2019 ein energetisches Quartierskonzept erarbeitet und sukzessive umgesetzt.
2022 erhielt das Stadiondach eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von gut 600 Kilowatt, sodass ein Teil des Grundstrombedarfs der TGA mittlerweile autark erzeugt wird. Das neue Dach mit transluzenter Membran lässt zudem Tageslicht hinein, in den Dachrand wurde darüber hinaus eine effiziente neue Spielfeldbeleuchtung integriert und die Beleuchtungen des Areals auf LED umgestellt. Eine intelligente Absorptionskälteanlage nutzt die Abwärme aus der Stromerzeugung für die Klimatisierung des Stadions, und Brunnen sowie eine Zisterne gestalten den Wasserverbrauch nachhaltiger.
Dies sind fünf Giga-Projekte der Sanierung in Baudenkmälern, die zeigen, wie maßgerechte und denkmalschonende Umbauten erfolgreich durchgeführt werden können und wie Substanzerhalt, moderne Annehmlichkeit und notwendige Nachhaltigkeit zeitgleich möglich sind. Doch was bei diesen Großsanierungen gelungen ist, funktioniert genauso auch im kleineren Maßstab – denn die Grundlagen sind dieselben.
Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) gibt gemeinsam mit der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege (WTA) die Richtlinienreihe VDI/WTA 3817 heraus. Sie enthält alle Informationen zur Sanierung von Baudenkmälern und denkmalwerten Bauten, von der Erst- und Übergangssicherung über die Bauphysik und den Umgang mit Schadstoffen bis hin zur gesamten Gestaltung der TGA, Brandschutzmaßnahmen und Barrierefreiheit.
Damit ergänzt die Richtlinienreihe die Denkmalschutzbestimmungen der Länder und bildet ein solides Fundament für Bauherren und -herrinnen bei der Sanierung. Durch ihre klare Struktur sorgt sie für Übersichtlichkeit und ihre fundierten, aktuellen Inhalte tragen dazu bei, hohe Standards zu etablieren und nachhaltig zu sichern. Sie ist daher oft fester Bestandteil von Ausschreibungen und Verträgen.
Unabhängig davon, ob es um ein kleines Friesenhaus, eine Fachwerkperle oder ein prunkvolles Barockschloss geht: denkmalwerte Bausubstanz sollte erhalten, für die Gegenwart nutzbar gemacht und für die Zukunft weiterentwickelt werden.
Technische Regel [NEU] 2025-02
VDI/WTA 3817 Blatt 1:2025-02ab 86,40 EUR inkl. MwSt.
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VDI/WTA 3817 Blatt 2:2025-02ab 93,80 EUR inkl. MwSt.
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