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Sauberes Trinkwasser ist Leben

Weil sauberes Wasser elementar für gesundes Leben ist, fordern die Vereinten Nationen ein Grundrecht auf Zugang zu sauberem Wasser – auch und gerade für ärmere Menschen. Die meisten Industriestaaten haben es da einfacher. Aber selbst wenn man mit hochentwickelter Technik leicht an Wasser rankommt und es zuverlässig zur Verfügung stellen kann, sollte man genau auf die Qualität achten – gerade wenn es ums Trinkwasser geht.

Interview zur Trinkwasserverordnung 2023
Was ist neu? Welche Änderungen gibt es? Und wie wird es mit der Trinkwasserverordnung weiter gehen?
So stoppen Sie die Ausbreitung von Legionellen
Wie Normen und Standards bei der Umsetzung der Trinkwasserverordnung helfen.
Außer- und Wiederinbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen
Gerade bei eingeschränkter Nutzung müssen schädliche Rückwirkungen auf das Netz verhindert werden.

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Die Praxishilfe unterstützt Fachleute und Betriebe dabei, korrekt und zuverlässig mit den neuen Festlegungen zu arbeiten. Mit TrinkwV 2023 im Original, Übersicht der Änderungen, verständlichen Erläuterungen und Praxistipps sowie relevant-verwandten Rechtstexten.


Interview zur Trinkwasserverordnung 2023

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Das Interview führte Bettina Gehbauer-Schumacher mit Günter Dülk, Geschäftsführer Vertrieb bei der WimTec Sanitärprodukte GmbH.

Wer ist für die Trinkwasserverordnung zuständig und seit wann ist die Novelle in Kraft?

Mit der Richtlinie 2020/2184 der EU wurde das europäische Rahmengerüst für die Sicherstellung der Qualitätsanforderungen von Wasser für den menschlichen Gebrauch völlig neu geregelt. Die Arbeiten daran begannen im Jahr 2015 - am 12. Januar 2021 trat die Richtlinie in Kraft. Demnach wäre sie bis 12. Januar 2023 in nationales Recht umzusetzen gewesen. Nur 7 der 27 Mitgliedsstaaten haben diese Frist eingehalten. Auch Deutschland ist säumig geblieben.

Am 31. März 2023 wurde nun die zweite Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung vom Bundesrat beschlossen, am 24. Juni 2023 ist sie in Kraft getreten. Verantwortlich für die Verzögerungen ist einerseits die Kompetenzverteilung in Deutschland: Das Umsetzen der EU-Trinkwasserrichtlinie fällt in die Zuständigkeit der Bundesministerien für Gesundheit, für Ernährung und Landwirtschaft, für Verteidigung, für Digitales und Verkehr sowie für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Andererseits waren weitere Themen, allen voran Corona und der Konflikt in der Ukraine, mit den daraus resultierenden Folgen hinderlich. Die höchsten Prioritäten wurden somit nicht unbedingt der Trinkwasserverordnung gezollt.

Was ist in der Verordnung neu?

Die aus der zweiten Verordnung resultierende Trinkwasserverordnung ist in weiten Bereichen ein neu gegliedertes und neu verfasstes Dokument. Leider wurde der mögliche Umsetzungsrahmen der EU-Richtlinie 2020/2184 nicht ausgenutzt: So wurde der proaktive risikobasierten Ansatz eines Wassersicherheitsplans für die Hausinstallationen nicht übernommen. Geblieben ist der aus der bisher gültigen Verordnung bekannte reaktive Ansatz der Gefährdungsanalyse, die wohl aufgrund der europäischen Forderung in „Risikoabschätzung“ umbenannt wurde.

Der Einsatz von Stoffen, Gegenständen und Verfahren, deren Unbedenklichkeit nicht gesichert ist, wird erheblich eingeschränkt. Gefährliche Substanzen werden generell verboten. So gehören beispielsweise PFAS zu den neu eingeführten Parametern, auf die die Wasserversorgungsunternehmen das Trinkwasser untersuchen müssen: Diese Chemikalien werden nicht vollständig abgebaut und sind gesundheitsschädlich. Versorger müssen sie gegebenenfalls herausfiltern.

Zudem wurden die Kompetenzen der Gesundheitsämter erweitert. Es bleibt abzuwarten, ob die personell unterbesetzten Behörden die neuen Möglichkeiten einfordern. Verbraucher*innen sind künftig umfassender zu informieren.

Was hat sich im Vergleich zur bisher gültigen Trinkwasserverordnung geändert?

Die wesentlichste Änderung sind verschärfte Grenzwerte für bestehende Parameter sowie neue Grenzwerte für als nicht unbedenklich eingestufte Parameter. In einige Bereichen gehen diese Anforderungen über die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO hinaus. Wird es von einem Gesundheitsamt als erforderlich erkannt, darf es Höchstwerte erlassen, wenn diese nicht in der Trinkwasserverordnung geregelt sind.

Beim Betrieb von Wasserversorgungsanlagen dürfen nur Stoffe oder Gegenstände mit Trinkwasser in Kontakt kommen und nur solche Verfahren angewendet werden, die dazu bestimmt sind, der Trinkwasserversorgung zu dienen. Das gilt ab 2025 auch in Bestandsanlagen. Selbst Teilstücke aus dem Werkstoff Blei sind bis 2026 auszutauschen oder die Leitungen stillzulegen.

Die Möglichkeiten von Anordnungen des Gesundheitsamts zur Gefahrenabwehr wurden ausgedehnt. In diesem Zusammenhang hat das Amt im Anlassfall auch die betroffenen Verbraucher*innen zu beraten und es kann eine Risikoabschätzung auch dann einfordern, wenn der technische Maßnahmenwert für Legionellen nicht erreicht oder überschritten wurde. Allgemeine, ergänzende Informationen rund um „Trinkwasser“ gibt es beim Umweltbundesamt.

Warum gibt es diese Änderungen?

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 64/292 das Recht auf Wasser als Menschenrecht anerkannt. Gleichzeitig tragen unzählige Entwicklungen dazu bei, dass das Bereitstellen von Trinkwasser in ausreichender Menge und sicherer Qualität zu einer immer größeren Herausforderung wird.

Dazu zählen wachsende Ballungszentren mit steigender Bevölkerungsanzahl und umfangreicher versiegelte Bodenflächen; regionale und saisonale Veränderungen der Niederschläge; steigende Temperaturen; intensive Landwirtschaft; sich in der Umwelt anreichernde Substanzen, die nicht oder nur sehr langsam abgebaut werden. Zudem sind die Grundwasserspiegel teilweise erheblich zurückgegangen, der Aufwand für das Aufbereiten von Roh- zu Trinkwasser steigt, ebenso der Wissensstand über das Gefährdungspotenzial verschiedenster Substanzen.

Folglich werden in der neuen Trinkwasserverordnung Parameterwerte verschärft oder neu aufgenommen. Aufwändigeres Aufbereiten und Verteilen bergen ein höheres Risiko von technischen Beeinträchtigungen. Ein Managementsystem hilft, dieses proaktiv zu verringern und im Schadensfall rasch wieder eine sichere Versorgung herzustellen. Dafür bietet die neue Verordnung neue Rahmenbedingungen.

Wie geht es Ihrer Meinung nach mit der Trinkwasserverordnung weiter und welchen Tipp geben Sie für die Sanitär-Praxis?

Die mit der zweiten Verordnung zur Novellierung beschlossene Trinkwasserverordnung ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Erstmals schreibt sie verpflichtende, umfassende Regelungen zur Gefährdungsanalyse und Risikoabschätzung für die Wasserversorgung vom Rohwasser bis zur Entnahmearmatur fest. Die Untersuchungspläne werden künftig passgenau auf die jeweilige Wasserversorgungsanlage ausgelegt werden können.

Auch wenn sich herausstellen sollte, dass alle Vorgaben der EU-Trinkwasserrichtlinie im erforderlichen Mindestausmaß umgesetzt sind, wurde die Idee des proaktiven risikobasierten Ansatzes nicht so konsequent wie möglich übernommen. Gemäß den europäischen Vorgaben sind Risikobewertung und -management bis 2029 durchzuführen. Es wäre also noch Zeit, die Verordnung zu schärfen.

Alle Unternehmen aus der Sanitär-, Heizungs- und Klima-Branche sollten sich rechtzeitig über die Änderungen informieren. Letztendlich sind sie es, die dieses Wissen im ersten Schritt zu den Betreibenden der Gebäude und auch zu den Investierenden bringen müssen. Verbraucher*innen haben mit der neuen Trinkwasserverordnung noch bessere Karten und können die Beratung und Unterstützung durch die Gesundheitsämter einfordern.



Legionellen-Ausbreitung stoppen: So helfen Normen und Richtlinien

Legionellengefahr in Gebäuden

Wird in den Wasserleitungen eines Gebäudes bei einem Legionellen-Test eine hohe Konzentration dieser Keime nachgewiesen, ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Wasserwerke bereiten Trinkwasser zwar auf und kontrollieren es streng - trotzdem ist das Wasser beim Verlassen des Wasserwerks weder steril noch frei von Bakterien.

Trinkwasser erreicht die Verbraucher mit einer geringen, für Menschen unbedenklichen Bakterienanzahl. Eine geeignete Technische Gebäudeausrichtung (TGA) sorgt dafür, dass es verteilt und erwärmt wird. Steht erwärmtes Wasser länger in den Leitungen, dann wächst der sogenannte Biofilm – eine Schleimschicht, in der sich Mikroorganismen ansiedeln. Fließt das Wasser in diesen Leitungen dann wieder, können Teile des gewachsenen Biofilms abgelöst werden und Menschen einer Kontamination durch Legionellen ausgesetzt sein. Dieser Vorgang ist nicht ungewöhnlich, denn während der Ferien oder saisonaler Betriebsunterbrechungen stehen viele Gebäude über mehrere Wochen leer. Deshalb besteht dort die Pflicht zum regelmäßigen und vollständigen Wasseraustausch: Toiletten werden gespült, Wasserhähne laufen gelassen und Duschen aufgedreht.

Während der Corona-Pandemie erhalten die Diskussionen zum Thema Legionellen im Trinkwasser neue Aktualität. Denn durch den vermehrten Stillstand öffentlicher Einrichtungen, Schulen, Hotels, Gaststätten und Geschäftsräume wurde über längere Zeit kein Leitungswasser mehr entnommen. Damit kam es zu einer Stagnation des Wassers und einem damit verbundenen Wachstum der Legionellen-Population.

Legionellen gefährden die Gesundheit

Gelangt eine größere Anzahl an Legionellen in die Lunge, besteht eine Gefährdung für den Menschen. Das passiert, sobald ein legionellenhaltiger Sprühnebel (Aerosol) eingeatmet wird, wie er beim Duschen, bei der Benutzung eines Hochdruckreinigers oder bei Verdunstungskühlanlagen erzeugt wird. Wenn Legionellen in die Lunge geraten, können

  • ein fiebriger Infekt (Pontiac-Fieber) mit Symptomen einer Grippe auftreten oder
  • eine schwere Lungenentzündung, die Legionärskrankheit (Legionellose), entstehen, die sogar tödlich verlaufen kann.

Keine Gefährdung für Menschen besteht, wenn sie das mit Legionellen kontaminierte Wasser trinken, es zum Kochen verwenden oder sich die Hände damit waschen.

Gesundheitsschutz durch vorbeugende Maßnahmen

Um eine erhöhte Konzentration an Legionellen aus stagnierendem Wasser in Trinkwasserleitungen zu vermeiden, schreiben technische Regelwerke  (DIN 1988-200VDI 3810 Blatt 2 / VDI 6023 Blatt 3) einen kompletten Wasseraustausch innerhalb von 72 Stunden vor. Außerdem gilt grundsätzlich, dass die Wassertemperatur in einem bestimmten Bereich liegen muss:

  • In kaltem Wasser unter 20 °C vermehren sich Legionellen nur unbedeutend.
  • Wird Wasser über 70°C erhitzt, dann sterben die Legionellen ab.
  • Eine gesundheitsgefährdende Konzentration kommt in einem Temperaturbereich von 25 °C bis 55 °C vor.

Die TrinkwV sieht vor, dass Trinkwasserleitungen in Mehrfamilienhäusern alle drei Jahre auf einen Bakterienbefall hin kontrolliert werden müssen. Für Kindergärten und Schulen ist eine Kontrolle in jährlichem Rhythmus verpflichtend. Um einer unkontrollierten Vermehrung der Legionellen-Keime vorzubeugen, sollten

  • Wasserleitungen regelmäßig genutzt werden.
  • inaktive Leitungsabschnitte (Totstränge) und Wasserstillstand im Leitungssystem vermieden werden.
  • Regler-Temperaturen bei zentraler Wassererwärmung auf mindestens 60°C eingestellt sein.
  • Wassertemperaturen im Leitungssystem niemals unter 55°C fallen.

Technische Möglichkeiten ausschöpfen

Die gefährliche Konzentration von Legionellen in Trinkwasserleitungen, Warmwasserspeichern, Duschbereichen von Schwimmbädern, Whirlpool-Anlagen, Klimaanlagen oder Wasser-Luftbefeuchtern kann zusätzlich durch technische Maßnahmen und regelmäßige Wartung nahezu ausgeschlossen werden.

Eine Möglichkeit ist die thermische Desinfektion. In der Richtlinie DVGW W 551 des DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches) ist beschrieben, wie Großanlagen mit Warmwasserspeichern über 400 Liter Inhalt und Warmwasserleitungen mit über 3 Liter Inhalt einmal täglich auf 60 °C aufzuheizen sind. Dadurch wird der gesamte Inhalt des Speichers inklusive aller Leitungen heiß durchgespült. Weil solche Maßnahmen dem Ziel der Einsparung von CO₂ entgegenstehen, wird auch das membrantechnische Verfahren der Ultrafiltration ins Spiel gebracht. Erste Erfahrungen sprechen dafür, dass auch mit dieser Methode eine weitgehende Keimreduktion erzielt werden kann. Das Verfahren wird zurzeit noch in Feldversuchen erprobt, erste Anbieter haben es aber bereits im Programm. Wichtig ist dabei die regelmäßige Überwachung der Membranfasern, die automatisiert erfolgen kann.

Fachleute der SHK-Branche einsetzen

Verunreinigungen im Trinkwasser lassen sich vermeiden, wenn einwandfreie Trinkwassertechnik von Fachpersonal installiert und regelmäßig gewartet wird. Fachleute aus dem SHK-Bereich (Sanitär-Heizung-Klima) kennen die umfangreichen technischen Regeln zur Hygiene in Trinkwasser-Installationen. Sie wissen um die Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung der Einbauten. Dabei schaffen Richtlinien wie die VDI/DVGW 6023, die VDI 2047 Blatt 2 oder die DIN EN 1717  Sicherheit für die verantwortlichen Ingenieure und Installateure, aber auch für Betreiber der Anlagen. Denn das Haftungsrisiko tragen beauftragte Unternehmen, Eigentümer oder Betreiber.

Vorgaben zu Reinigung und Desinfektion der Trinkwasser-Installationen sind im Arbeitsblatt DVGW W 557 enthalten. Es beschreibt grundlegend im Sinne der TrinkwV die Vorgehensweisen zur Vermeidung und Beseitigung mikrobieller Kontaminationen und Ablagerungen in Technischen Gebäudeanlagen zur Trinkwasserversorgung.



Außerbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen

Durch unvorhersehbare Ereignisse – wie bspw. eine Pandemie – kann die Situation entstehen, dass Trinkwasser-Installationen eingeschränkt oder längere Zeit gar nicht genutzt werden. Auch dann müssen schädliche Rückwirkungen auf das Netz des Wasserversorgers verhindert werden sowie die Trinkwasser-Installation in geeigneter Weise vor Schaden, z. B. durch Verkeimung, geschützt werden.

VDI mit passenden Richtlinien für Trinkwasser-Installationen

Dabei ist es unabdingbar, dass die Trinkwasser-Installationen von den hierfür Verantwortlichen in technisch und hygienisch einwandfreiem Zustand gehalten werden. Zum bestimmungsgemäßen Betrieb gehört auch die fachgerechte Außerbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen oder Teilen der Installation bei vorhersehbaren oder geplanten Betriebsunterbrechungen (siehe dazu auch VDI 3810 Blatt 2 / VDI 6023 Blatt 3).

Der Verein Deutscher Ingenieure e. V. (VDI) hat im Dezember 2020 die Expertenempfehlung  VDI/DVQST-EE 3810 Blatt 2.1 herausgegeben, die gemeinsam mit Richtlinie VDI 3810 Blatt 2 / VDI 6023 Blatt 3 für alle Trinkwasser-Installationen gilt. Sie richtet sich in Ergänzung zu DIN EN 806-5 an Betreiber sowie deren Erfüllungsgehilfen (z. B. Vertragsinstallationsunternehmen oder FM-Dienstleister), insbesondere Unternehmer und sonstige Inhaber von Trinkwasser-Installationen nach Trinkwasserverordnung (TrinkwV).

VDI/DVQST-EE 3810 Blatt 2.1 gibt Anlagenbesitzern und Anlagenbetreibern Empfehlungen für

  • Maßnahmen zur fachgerechten Außerbetriebnahme
  • empfohlene Instandhaltungsmaßnahmen während der Außerbetriebnahme oder zur der Wiederinbetriebnahme
  • Maßnahmen zur fachgerechten Wiederinbetriebnahme,
  • die Beprobung zur Gewährleistung einer einwandfreien Trinkwasserqualität als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des bestimmungsgemäßen Betriebs


Notfall-Hilfe bei Flutschäden

Lesen Sie hier, was bei Überschwemmungen an der Trinkwasser-Installation zu beachten ist und welche Rolle VDI/DVQST-EE 3810 Blatt 2.2 dabei spielt.


Energiesparen beim Warmwasser: Keine Kompromisse bei der Hygiene

Die steigenden, für die Endkundschaft teilweise noch unkalkulierbaren Gaspreise veranlassen Haushalte, ihren Energieverbrauch zu senken. Doch manche Sparmaßnahmen gehen auf Kosten der Trinkwasserhygiene. Thomas Wollstein vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) plädiert für einen regeltreuen Umgang mit Warmwasser.

Neben der Heizungsanlage ist es die Warmwasserversorgung, bei der Verbraucher das größte Sparpotential vermuten. Vor allem der Wasserspeicher und die Zirkulation, die rund um die Uhr auf mindestens 60 Grad erwärmtes Trinkwasser bereithalten, führen manche Haushalte in Versuchung. Die Idee liegt nahe, die Temperatur abzusenken. Dies geht allerdings mit Gesundheitsrisiken einher.

Übertriebene Sparmaßnahmen können krank machen

„Damit die Installation nicht verkeimt, sind 60 Grad Speichertemperatur unbedingt erforderlich. Die anerkannten Regeln der Technik bilden diese Tatsache ab“, mahnt Thomas Wollstein, der beim VDI den Fach- und Richtlinienausschuss im Bereich Trinkwasserhygiene betreut. „Trinkwasser ist nicht steril“, erinnert er. Das müsse es auch nicht sein. Geringe Konzentrationen von Mikroorganismen seien für gesunde Menschen unbedenklich. „Unter günstigen Bedingungen können sich Mikroorganismen jedoch rapide vermehren. Bis hin zu Konzentrationen, die dem Menschen gefährlich werden.“

Gefahr aus dem Wasserhahn: Legionellen

Im schlimmsten Fall befallen Legionellen die Installation. Sie führen oftmals zu gravierenden Gesundheitsschäden, mitunter sogar zum Tod. Bei Temperaturen zwischen 25 bis 45 Grad finden sie ideale Vermehrungsbedingungen im Trinkwasser vor. Erst ab 50 Grad nimmt ihre Vermehrungsrate wieder ab, bei 70 °C sterben sie schließlich ab. „Allerdings nur, wenn diese hohe Temperatur konstant und hinreichend lange Zeit gehalten wird“, gibt Wollstein zu bedenken. Er warnt vor einer Absenkung der Speichertemperatur: „Bei 50 Grad findet im Speicher kaum eine Vermehrung von Legionellen statt – allerdings auch keine nennenswerte Abtötung“, erklärt der VDI-Experte. Zudem liegen die tatsächlichen Temperaturen in der Installation, abseits der Messstelle, deutlich niedriger. „In großen Teilen der Anlage haben wir bei einer Einstellung von 50 Grad also Temperaturen, bei denen sich Legionellen leicht vermehren.“

Im Zweifel für mehr Sicherheit

Das technische Regelwerk indes zeigt sich uneinheitlich. Die älteren Arbeitsblätter DVGW W 551  und DIN 1988-200  etwa erlauben bei Ein- und Zweifamilienhäusern eine Mindesttemperatur von 50 Grad. Der Grund ist das geringe Wasservolumen in Installationen solcher Gebäude. „Bei einem so kleinen Volumen, gepaart mit einem regelmäßigen Wasseraustausch, kann das funktionieren“, sagt Thomas Wollstein. Dennoch bleibt ein Zweifel bestehen. Nicht umsonst stellen sowohl das DVGW-Arbeitsblatt als auch die Norm eine Bedingung, wenn der Installateur die Temperatur auf 50 Grad einstellt: Er muss den Eigentümer auf die Gesundheitsgefährdung hinweisen.

Wesentlich strenger ist die Trinkwasserverordnung, die auf dem Vorsorgeprinzip basiert. „Sie fordert, dass bereits die Besorgnis einer Gesundheitsgefährdung ein Ausschlusskriterium ist“, so der Fachmann. „Bei strenger Auslegung der Verordnung ist die Temperaturabsenkung also nicht erlaubt.“  

Der Eigentümer ist in der Pflicht

Nach den geltenden technischen Regeln DVGW W 551  (A) und VDI 6023 Blatt 1  ist eine Speichertemperatur unter 60 Grad nicht zulässig. „Wer als Vermieter die Trinkwasser-Speichertemperatur senkt, handelt regelwidrig. Kommt es zu Personenschäden, steht möglicherweise die Staatsanwaltschaft auf der Matte“, erinnert Wollstein.
Selbst als alleiniger Bewohner einer eigenen Immobilie müsse man Gäste schützen. Darüber hinaus verpflichten sich Hauseigentümer*innen, die über einen Wasserversorger Trinkwasser beziehen, vertraglich dazu, schädliche Rückwirkungen der Hausinstallation auf das Versorgungsnetz zu verhindern. Dazu gehört zum Beispiel, dass nur qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Fachbetrieben, am besten mit Nachweis einer VDI-Partnerschulung, an der Trinkwasserinstallation arbeiten dürfen. Denn folgen aus unsachgemäßen Eingriffen Konsequenzen für das öffentliche Versorgungsnetz, haftet der Anschlussnehmer.

Energie sparen, indem man Wasser spart

Kostenbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher befinden sich damit in einem Dilemma. Der VDI-Experte rät, den Energieverbrauch zur eigenen Sicherheit ausschließlich über die verwendete Warmwassermenge zu steuern: „Warmes Wasser sparen bedeutet immer auch Energie sparen.“ So könne man dazu übergehen, die Hände mit kaltem Wasser zu waschen und die Temperatur beim Duschen zu senken oder kalt zu duschen. Letztlich sei beides eine Frage der Gewohnheit und des Komforts. Hygieneprobleme entstehen nachweislich nicht. Auch der Gesetzgeber berücksichtigt in den jüngsten Verordnungen zur Sicherung der Energieversorgung, dass Energieeinsparungen nicht auf Kosten der Gesundheit gehen dürfen. Eine Haltung, die Thomas Wollstein ausdrücklich unterstützt: „Energie einsparen hat hohe Priorität, aber sich zu Tode sparen ist der falsche Ansatz.“


Publikationen

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Publikation DIN Media Recht 2023-10

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Publikation 2021-08

Hygiene in Trinkwasser-Installationen
Betrieb und Instandhaltung - Kommentar zur VDI 3810 Blatt 2/ VDI 6023 Blatt 3

ab 52,00 EUR inkl. MwSt.

ab 48,60 EUR exkl. MwSt.

Publikation VDI Kommentar 2021-02

Hygiene in Trinkwasser-Installationen
Gefährdungsanalyse - Kommentar zur VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2

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ab 48,60 EUR exkl. MwSt.

Publikation DIN Media Recht 2018-08

Rechtssicherheit für Betreiber von Trinkwasseranlagen
Urteile und deren Bedeutung im Zusammenhang mit der Trinkwasserhygiene

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Publikation DIN Media Praxis 2019-06

Technische Hydromechanik 1
Grundlagen

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Publikation DIN Media Praxis 2021-08

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Technische Regel [AKTUELL] 2020-12

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